Die Konzeption für die Außenwohnungen „Selbstständiges Wohnen“ Hesseröder Str. 21

Inhaltsverzeichnis

1. Allgemeine Einführung

Die Nordthüringer Lebenshilfe gemeinnützige GmbH hat in langen Jahren ein System von
Einrichtungen und Hilfen aufgebaut, um Menschen mit Behinderungen
nach ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen zu fördern.

Mit der Errichtung und dem Ausbau des „Selbstständigen Wohnens“ für Menschen mit Behinderung in unseren Außenwohnungen bietet der Wohnverbund der Nordthüringer Lebenshilfe gemeinnützige GmbH weiteren behindertengerechten Wohn- und Lebensraum an.
Diese Hilfe orientiert sich darüber hinaus an den Prinzipien des selbst bestimmenden Lebens und der Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft.

Die Ansprüche an verschiedene Wohnformen für Menschen mit Behinderung haben sich in den letzten Jahren verändert. Hielt man vor einigen Jahren noch die Gruppenwohnform in Heimen für die alternativlose richtige Wohnform, so entwickeln sich zurzeit individuellere, gemäß den Entwicklungen der behinderten Menschen bessere Wohnformen.
Menschen mit Behinderungen haben auch das Bedürfnis, ihr Leben selbstständig und unabhängig in ihren eigenen vier Wänden zu gestalten.
Um ihnen diesen Schritt zu ermöglichen, wird das „Selbstständige Wohnen“ in unseren Außenwohnungen angeboten. Hier besteht die Möglichkeit, durch konkrete Hilfestellung und persönliche Assistenz sich diesen Wunsch zu erfüllen.
Das Wohnen im „Selbstständigen Wohnen“ erfährt heute die größte Nachfrage. Es lässt einen höheren Grad an Eigenständigkeit zu und die Bewohner werden weiterhin mit professioneller Hilfe und Unterstützung darauf vorbereitet, selbstständig und eigenverantwortlich wohnen zu können.

2. Ziel des „Selbstständigen Wohnens“

Das „Selbstständige Wohnen“ hat zum Ziel, die Bewohner zur weitgehenden Selbstständigkeit und Selbstbestimmung zu führen.
Die Bewohner sollen soweit befähigt und gefördert werden, dass sie in der Lage sind, relativ selbstständig leben zu können.
Oberstes Ziel ist es, jeden Bewohner unter ganzheitlichen Gesichtspunkten soweit zu fördern, dass er Belange des täglichen Lebens selbst oder mit ambulanter Hilfe regeln kann.
Sollte auf Grund bestimmter Umstände dieses Ziel nicht erreicht werden, besteht die Möglichkeit, wieder in eine unserer vollstationären Einrichtungen zurück zu kehren.

Die Dauer des Aufenthaltes im „Selbstständigen Wohnen“ hängt von der individuellen Entwicklung der Bewohner ab. Bewohner, die den Entwicklungsstand für das Leben in einer externen Wohnung nicht erreichen, bleiben in der Wohnform wohnen und können später wieder ins Wohnheim zurück.
Auch hier läuft das Heranführen an Freizeitangebote gezielt mit dem Anspruch an die Bewohner, diesen Bereich auf lange Sicht selbstinitiativ zu gestalten.
Gemeinsam mit ihren Betreuern planen und gestalten sie ihren Urlaub.

3. Bauliche Voraussetzungen

Die Außenwohngruppe des Wohnverbundes liegt unweit des Stadtzentrums, integriert in einer sehr freundlich gestalteten Häuserreihe, inmitten der Unterstadt. Sie verfügt über einen sehr schönen und großzügig gestalteten Garten mit einer einladenden Terrasse. Auch der jahreszeitlich dekorierte Innenhof lädt zum Verweilen ein.
Das Zentrum der Stadt Nordhausen ist sowohl bequem zu Fuß als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen.
Es können die Straßenbahn (Duo), Bus, Zug oder die Harzquerbahn genutzt werden.
Individuelle Einkaufsmöglichkeiten, Banken, Dienstleistungsgeschäfte (z.B.: Frisör) oder Freizeitalternativen (z.B.: Schwimmbad, Stadtpark) befinden sich in unmittelbarer Nähe und liegen nur wenige Gehminuten von der Außenwohngruppe entfernt.
Aufgrund der zentrierten Lage ist es möglich, jederzeit aktiv und nach individuellen Möglichkeiten und Vorstellungen am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Durch die Erweiterung der Außenwohngruppe bietet diese 16 Menschen mit Behinderung ein zu Hause zum Wohlfühlen.
Die Bewohner leben und wohnen in 4 Einraumwohnungen und 2 Zweiraumwohnungen im Vorderhaus sowie in 3 Rollstuhl- und 5 Einraumwohnungen im neu sanierten Anbau.

Die Wohnungen im Vorderhaus erstrecken sich über 3 Etagen. Zu den Wohnungen gelangt man über einen hellen freundlichen Treppenaufgang und 2 Wohnparteien teilen sich jeweils einen abgetrennten Vorflur. Die Wohnungen sind unterteilt in Küche, Bad und Wohn- bzw. Schlafbereich.
Im Erdgeschoss befindet sich das Betreuerbüro und in den Kellerräumen befinden sich der Hauswirtschaftsraum und der Hausanschlussraum.

Im Ausbau der Außenwohngruppe gibt es 3 Rollstuhlfahrerwohnungen, die separat, direkt vom Innenhof aus, zu befahren/ zu betreten sind. Diese Räumlichkeiten wurden auf die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern angeglichen.
Ebenfalls im Erdgeschoss findet man einen Hauswirtschaftraum und einen Aufenthaltsraum mit angrenzendem Bad, der von allen Bewohnern genutzt werden kann und der mit einer Küchenzeile ausgestattet ist.
Sowohl vom Aufenthaltsraum als auch vom Innenhof her gelangt man auf die großzügige Terrasse, an die der Garten grenzt.
In der ersten Etage befinden sich 5 Einraumwohnungen. Sie unterteilen sich in ein Bad und in einen Wohn-, Schlaf- und Essbereich.

Zur Grundausstattung der Wohnungen gehören Kleiderschrank, Bett (teilweise umfunktionierbar zum Sofa) mit Bettkasten, Nachtschrank, Sideboard, Tisch und Stühle (teilweise Sessel), Garderoben, eine integrierte Küchenzeile mit Elektrogeräten (in 2 Rollstuhlfahrerwohnungen sind diese Einrichtungsgegenstände rollstuhlgerecht und unterfahrbar angebracht), ein Bad mit Nasszelle.

Jede Wohnung ist ausgestattet mit einer eigenen Wohnungsklingel und der dazugehörigen Gegensprechanlage.
Die Außenwohngruppe verfügt über 3 Notrufklingeln, die für jeden Bewohner jederzeit zugänglich sind.
Vor den Kellerräumen des Vorderhauses ist ein Münzfernsprecher angebracht, um jedem Bewohner die Möglichkeit zu bieten, jederzeit in Kontakt mit Angehörigen oder Freunden zu treten.

4. Betreuungsinhalte

Das „Selbstständige Wohnen“ in der Hesseröder Str. 21 bietet nach der Erweiterung 16 Menschen mit Behinderung Plätze an, die darin unterstützt werden, ihr Leben noch selbstständiger zu gestalten, um eventuell später eine eigene Wohnung zu beziehen.
Das „Selbstständige Wohnen“ sind Außenwohnungen der Nordthüringer Lebenshilfe gemeinnützige GmbH in Nordhausen.
Im „Selbstständigen Wohnen“ versorgen sich die Bewohner, mit Unterstützung, weitgehend selbst. Die Wäscheversorgung, Zubereitung der Mahlzeiten und die Sauberkeit der Räumlichkeiten liegen in der Zuständigkeit der Bewohner. Die Bewohner sollen sich je nach Fähigkeit selbst versorgen.
Wir unterstützen und begleiten die Bewohner in der individuellen Entwicklung ihrer Selbstständigkeit. Ebenso geben wir Unterstützung bei Problembewältigungen, Konfliktlösungen und in allen persönlichen Belangen mit dem Ziel, dass die Bewohner eine größtmögliche Eigenständigkeit erreichen.
Die Bewohner haben nach der Arbeit die Möglichkeit, sich zu entspannen und ihre Freizeit eigenständig zu gestalten.
In der Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten, bei Konfliktbewältigung  und anderen persönlichen Belangen werden die Bewohner von Fachpersonal begleitet.
Die Bewohner des „Selbstständigen Wohnens“ können alle übergreifenden Dienstleistungen des Wohnverbundes (z.B. Nachtrufbereitschaften und Freizeitangebote) in Anspruch nehmen.


Das „Selbstständige Wohnen“ hat die Aufgabe, durch ein individuelles Trainingsprogramm in
folgenden Bereichen den Bewohner zu verselbstständigen:

  • allgemeine und spezielle Körperpflege
  • An- und Auskleiden - Kleidereinkauf - Kleiderpflege – Wäsche
  • allgemeine gesundheitliche Maßnahmen - Umgang mit Hilfsmitteln - Arztbesuche - Umgang mit Medikamenten
  • Ordnung - Sauberkeit - Wohnung - Umfeld - Hausarbeiten
  • Umgang mit Geld und Eigentum
  • Versorgung - Einkauf von Lebensmitteln - Kochen
  • zeitliche und räumliche OrientierungUmgang mit persönlichen Angelegenheiten - Behördengänge
  • Umgang mit der eigenen Person - Selbsteinschätzung - Sexualität
  • Integration - Teilhabe am öffentlichen Leben - Nutzung von Verkehrsmitteln - Verhalten im Notfall
  • Freizeit - Hobby

5. Tages- und Wochenablauf

Alle Bewohner der Außenwohngruppe arbeiten ganztags in der Werkstatt der Nordthüringer Werkstätten. Den Weg dorthin bewältigen sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Da einige Bewohner der Außenwohngruppe in den Außenstellen der Nordthüringer Werkstätten arbeiten, sind sie auf den innerbetrieblichen Fahrdienst angewiesen.

Die Bewohner verlassen werktags die Außenwohngruppe, nach der Einnahme des Frühstückes, in der Zeit von 05.45 Uhr bis 07.30 Uhr. Das ist abhängig von ihren Dienstzeiten in den Nordthüringer Werkstätten bzw. vom Fahrdienst, der die Bewohner zu den Außenstellen bringt.
An den Wochenenden, Urlaubstagen und an Feiertagen sind sie ganztags in der Außenwohngruppe.

Die ersten Bewohner treffen gegen 14.30 Uhr wieder in der Außenwohngruppe ein, je nach Arbeitsort in den Nordthüringer Lebenshilfe gGmbH.

Mit den Bewohnern wird gemeinsam ein Wochenplan festgelegt, damit ist der Wochenablauf je nach persönlichen Bedürfnissen strukturiert. Hieraus ergibt sich die Förderarbeit im lebenspraktischen, gesundheitlichen, motorischen, emotionalen und sozialen Bereich.
Dazu gehören, z.B.: die komplette Durchführung der Wäschepflege, Einkauf von Nahrungsmitteln, Verarbeitung von Nahrungsmitteln (Kochen, Backen), Sauberkeit der eigenen Räumlichkeiten und der Gemeinschaftsräume, Wahrnehmung von Arztterminen.
Nach den schon vorhandenen Fähig- und Fertigkeiten des jeweiligen Bewohners nimmt der Betreuer eine helfende/unterstützende bzw. kontrollierende Funktion ein.
Das Heranführen an eine sinnvolle und aktive Freizeitgestaltung soll den Bewohnern ermöglichen, das im Alltag anwenden zu können. Beispiele dafür sind:

  • Besuche von Veranstaltungen (Musik, Kultur, Sport)
  • Ausflüge (Wandern, Einkaufen, Baden gehen,…)
  • Freizeitfahrten (Urlaubsfahrten
  • Basteln, Tätigkeiten im Garten

6. Organisation und Personal

Die Betreuungszeiten der Außenwohngruppe sind:

werktags:
06.00 Uhr bis 08.00 Uhr und von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr

Wochenende/ Feiertage/ Urlaubstage:
10.00 Uhr bis 16.30 Uhr

  • bei Bedarf können Betreuungszeiten variieren


Weiterhin besteht eine telefonische Erreichbarkeit in Notsituationen (Rufbereitschaft).
Es gibt drei Rufbereitschaftstelefone, so dass jeder Bewohner die Möglichkeit hat, jederzeit Hilfe anzufordern. Wird die jeweilige Taste gedrückt, wird automatisch eine Verbindung zum Wohnheim „An der Justus- Jonas- Kirche“ mit einem Dienst habenden Betreuer hergestellt.

Bei der Realisierung unseres Anspruches an die Betreuungsarbeit sind wir auf einen Mitarbeiterstamm angewiesen, der die Grundkonzeption mit trägt. Nur so ist es möglich, eine zielgerechte Arbeit leisten zu können.
Folgende Qualifizierungen sind für eine Tätigkeit in der Außenwohngruppe notwendig:

  • Leitung- Ausbildung in einem sozialen Beruf mit Zusatzqualifikation zum Heimleiter
  • Mitarbeiter im pädagogischen Bereich: Heilerziehungspfleger, Erzieher
  • Betreuungspersonal: pädagogische Hilfskräfte  
  • Hauswirtschaftspersonal: Köchin/ Bekleidungsfacharbeiterin (Näherin)   
  • Hausmeister: Handwerker bzw. handwerkliche Berufsausbildung

7. Mitgestaltung des „Selbstständigen Wohnens“ (Heimbeirat)

Die Bewohner des gesamten Wohnverbundes wählen alle 4 Jahre ihren Heimbeirat. Der Heimbeirat vertritt die Interessen und Belange der Bewohner. In jeder Einrichtung des Wohnverbundes befindet sich mindestens 1 Vertreter des Heimbeirates.
Einmal im Monat findet ein Treffen des Heimbeirates statt. Zu diesen Versammlungen können bei Bedarf Bewohner, Mitarbeiter oder die Wohnverbundsleiterin eingeladen werden. Die Ergebnisse und Beschlüsse werden in Protokollen festgehalten.
Zu den Aufgaben des Heimbeirates gehören z.B.:

  • Anregungen und Beschwerden der Bewohner annehmen und nach einer Lösung suchen
  • Unterstützung neuer Bewohner
  • Unterstützung bei der Planung von Feierlichkeiten
  • Anregungsvorschläge zu Veränderungen geben
  • Informationsaustausch/ Informationsweitergabe
  • bilden eines Wahlausschusses zur Vorbereitung der Neuwahl des Heimbeirates

Einmal im Jahr findet eine Bewohnervollversammlung statt, zu der alle Bewohner des Wohnverbundes eingeladen werden. Diese Veranstaltung wird vom Heimbeirat selbstständig organisiert und durchgeführt.

8. Angehörigenarbeit und Qualitätssicherung

Unerlässlich ist für uns die enge Zusammenarbeit mit Eltern, Angehörigen und juristischen Vertretern der Bewohner. Das Ziel der Mitarbeiter, geistig und körperlich behinderten Menschen entsprechend ihrer Möglich-, Fähig- und Fertigkeiten zu mehr Selbstständigkeit im Alltag zu verhelfen, ist nur in enger Zusammenarbeit mit ihnen möglich. Mit dem Auszug von zu Hause tritt für die Eltern und Bewohner eine veränderte Lebenssituation auf. Um das vernünftig aufzuarbeiten, bedarf es einer sensiblen Einflussnahme, um diese Veränderungen konfliktfrei zu bewältigen.
Jährlich werden „Angehörigennachmittage“ durchgeführt.
Inhalte sind:    

  • Aussagen zur Arbeit mit dem Heimbewohner
  • Aussagen zum Jahresarbeitsplan
  • Vorstellung der geplanten Ferienfreizeitfahrten

Mit den juristischen Betreuern werden die Entwicklungsberichte der entsprechenden Bewohner beraten. Auch nehmen sie an bestimmten Fallgesprächen teil und werden über die Festlegung neuer Maßnahmen in der erforderlichen Form in Kenntnis gesetzt.
Um eine lückenlose Dokumentation unserer Arbeit gewährleisten zu können, arbeiten wir in der Außenwohngruppe mit dem elektronischen Computerprogramm „ Bevia“ und der „DAN PRODUKTE Pflegedokumentation“.
Für jeden Bewohner wird jährlich ein Entwicklungsbericht erstellt. Dabei werden die  Wochen-, Monats- und Jahrespläne hinzugezogen, um die Förderziele für den Förderplan abzuleiten.
Die Entwicklungsberichte werden immer aktuell gehalten und die Förderziele werden diesen angepasst.
Einmal im Monat erfolgt eine Dienstberatung in der Außenwohngruppe. Sie hat zum Ziel, Informationen weiter zu geben und auszutauschen. Fallbeispiele, Entwicklungsberichte und Förderpläne werden durchgesprochen und aktualisiert.
Es werden Unternehmungen und Freizeitfahrten geplant und bereits durchgeführte besprochen. Außerdem erfolgen regelmäßig Belehrungen (Hygiene- Brandschutz- und Arbeitsschutzbelehrungen).

Inner- und außerbetriebliche Fort- und Weiterbildungen werden angeboten, um eine qualitätsorientierte Arbeit zu garantieren.

In der Außenwohngruppe werden die Qualitätsgrundsätze des § 80 SGB Xl eingehalten. Darüber wird ein entsprechender Nachweis geführt. Regelmäßige Qualitätszirkel sind für die interne Qualitätsentwicklung aller Wohnheime des Wohnverbundes zuständig. Die Bewohner werden bedarfsgerecht und nach den allgemein gültigen Standards pflegerisch und medizinisch versorgt.


Nordthüringer Lebenshilfe gem. GmbH | Hinter der Steinmühle 6 | 99734 Nordhausen
Telefon: 03631 928-0 | Telefax: 03631 928-291 | E-Mail: info(at)nordthueringer-lebenshilfe.de